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Ester&Marc (Autorin: Nadja)

 

Marc und Ester waren Nachbarn. Das heißt sie wohnten sich gegenüber. Sie waren die besten Freunde. Jeden Tag trafen sie sich, aßen ein Eis, spielten Fußball, lachten, oder redeten einfach nur miteinander. Ester tat diese Freundschaft einfach gut. Marc war für sie zu etwas ganz besonderem geworden. Eines Tages erfuhren sie, dass ein junges Mädchen mit seinen Eltern in das Haus neben Marc ziehen würde. Ester hatte gleich ein mulmiges Gefühl im Magen, bei dem Gedanken daran, dass diese Göre jetzt auch in ihrer Straße wohnen würde. „Weißt du eigentlich was das bedeutet?“, fragte sie Marc, als sie mal wieder ihren abendlichen Plausch auf der Bank hatten. „Was?“, gab er fragend zurück und lächelte sie an. „Na, dass diese dumme arrogante Tusse von einer Kathrin neben dich zieht!“ „Und... was soll das jetzt bedeuten?“ Marc sah Ester verdutzt an. Dann sagte sie in einem traurigen Ton: „ Dann wird zwischen uns nichts mehr so sein, wie es einmal war!!! Ich mein, sie wird uns wahrscheinlich ständig dazwischen funken! Und dann wird sie sich den ganzen Tag an ihr dummes Dachfenster hängen und du wirst nur noch mit ihr reden und mich total vergessen!!!“ „Jetzt mach dir mal keinen Kopf! So schlimm wird es schon nicht werden!“, versuchte Marc sie aufzumuntern, „außerdem hätte sie gar keine Chance gegen dich... Ich mein, ich kenn kein Mädchen, über dass man so viel lachen muss, wie über dich!“ „Vielen dank auch!“ Ester sah Marc böse an, während dieser in Erinnerungen schwelgte und sich vor lachen krümmte, jedoch augenblicklich aufhörte, als er Esters wütendes Gesicht sah. „Schon gut, schon gut“, sagte er, „aber so wie du manchmal Fußball spielst...“ Ein dickes Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit. „Ich schwörs dir“, sagte Ester, stand auf und stellte sich vor ihn, „wenn wir jetzt bei dir auf der Mauer sitzen würden...“ und sie machte eine schubsende Bewegung nach. „Tun wir aber nicht!“, gab Marc immer noch grinsend zurück, „eure Bank is’ nämlich viiiiiiiiiel bequemer!!!“ Dann stand er auf, legte seine Hände auf ihre Schultern und drückte sie Richtung Straße. Jetzt konnte auch Ester nicht mehr anders und musste auch grinsen. Mit aller Kraft hielt sie gegen ihn, rutschte jedoch an seinen Schultern ab und landete in seinen Armen. Das nutzte Marc aus, legt ebenfalls seine Arme um sie, trug sie auf die andere Straßenseite und setzte Ester auf der Mauer seines Vorgartens wieder ab, gab ihr einen leichten Stoß, sodass sie von der Mauer stolperte und auf die Blumen sprang. Dann sah Marc auf die Uhr. „Oh, ähm... schon zehn nach eins, ich glaub, ich geh dann mal. Muss doch morgen ausgeschlafen sein, wenn Kathrin kommt“, meinte Marc und klopfte Ester auf die Schulter. „Haha!!!“, gab diese zurück und sah ihm in die Augen. Marc erwiderte ihren Blick, nahm ihre Hand und sagte: „Hey, nimms nicht so schwer! Wird schon werden... bist eifersüchtig, gell?“ „Ich doch nicht!!!“, antwortete Ester schnell und wurde knallrot. „Tja, ich bin halt unwiderstehlich!“, blödelte Marc rum, setzte einen allwissenden Blick auf und klopfte sich mit der linken Hand auf die Brust, während er sich aufrichtete und mit seiner rechten Hand (in der er immer noch Esters Hand hielt) wie wild rumfuchtelte. „Na, dann...“ sagte er, „bis morgen und schlaf gut!“ „Danke, du auch!“, sagte Ester, lies seine Hand los und ging langsam über die Straße zu ihrem Elternhaus. Marc sah ihr nach und rief: „ Hey, Ester, kommst du noch ein bisschen ans Fenster???“ Ester drehte sich noch einmal zu ihm um und meinte: „Hm... ok, kann ich machen.“ Dann ging sie. Am nächsten morgen wurde Ester unsanft aus ihren Träumen geweckt. Sie ging zum Fenster, zog den Rollladen hoch und sah hinaus. Auf der anderen Seite standen unmittelbar neben Marcs Haus zwei große LKWs auf denen "Besser Umziehen mit Schmidt Nur 10€ /Stunde. Rufen sie an unter: 0681/ 477530" stand. Na toll, dann geht es jetzt wohl los..., dachte Ester mit einem unbehaglichen Blick. Dann sah sie zu Marcs Fenster hinauf. Dort stand ein ziemlich verschlafener Junge, der laut gähnte und ihr zuwinkte, als er sie am Fenster stehen sah. Ester winkte zurück und lächelte ihn zaghaft an! Beide starrten wie gebannt auf die LKWs und sahen den vielen Männern beim Möbelschleppen zu. Nach circa eineinhalb Stunden waren die LKWs leergeräumt und fuhren weg. Ester lies einen lauten Seufzer los, sah noch einmal hoch zu Marc und ging. Wenig später klingelte das Telefon. Marc war dran und fragte, ob sie nicht Lust hätte mit ihm ins Kino zu gehen. Sie dürfe sich auch einen Film aussuchen. Er habe ihr, nicht gerade glückliches Gesicht, vom Fenster aus gesehen und wollte sie etwas aufmuntern. Irgendetwas stimmt nicht mit Marc, dachte Ester, ist doch sonst nicht seine Art. Ob er auch Angst hat mich zu verlieren? Hm, kann ich mir nicht vorstellen. Das wäre ja auch zu schön um wahr zu sein!!! So gegen Viertel nach zwei klingelte es dann an der Haustür! Es war Marc, der grinsend zu ihr sagte: „Können wir los?“ „Jep!“, antwortete Ester glücklich. Sie wollte gerade die Haustür zuschlagen, als Marc noch meinte: „Achso, warte mal... bevor ich es vergesse...“ Er kramte in seiner Jackentasche und zog ein weißes Couvert mit Esters Namen raus. „Das soll ich dir noch von Kathrin geben. Hat sie mir grad in die Hand gedrückt, als ich die Tür raus bin. Mir hat sie auch so einen gegeben!“ „Aaaaaaaaaaja“, meinte Ester nur, machte den Umschlag auf, zog eine triste Karte heraus und las sie. "Hey Ester Jetzt ist es amtlich. Ich bin aus der Burgallee ausgezogen und am 29.10.2005 in die Blumenstraße 27 eingezogen. Dies würde ich gern gebürig feiern und DU darfst dabei, als meine, jetzt, neue und bald auch heißgeliebte, Nachbarin, natürlich nicht fehlen!!! Daher möchte ich dich am 31.10.2005 zu meiner Halloween – Einweihungsfeier einladen. Die Party beginnt um 18 Uhr und geht bis spät in die Nacht hinein. Freue mich schon auf dein Kommen Deine Kathrin PS: Du musst dich nicht verkleiden!!! Ich freue mich deine Nachbarin zu werden" Ester stand da und bekam den Mund nicht mehr zu. „Das ist jawohl die allergrößte Schleimerei, die ich je gelesen habe!“, schrie sie. „Was soll denn diese SCH...“ vor lauter Aufregung bekam sie einen knall roten Kopf. „Steht bei dir etwa auch so ein Schwachsinn drin? Von wegen ‚Ich freue mich schon auf unsre Nachbarschaft’ und so...“ „Na ja...“, Marc begann zu schmunzeln, „bei mir stand da noch ein Satz mehr...“ „WAS? Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?“ Ester war völlig aufgebracht. Was erlaubt sich dieses kleine, strohdumme Biest nur? „Na warte, dieses, dieses, kleine...“ „Mensch, jetzt reg dich doch mal ab“, begann Marc, „jetzt gehen wir zwei erst einmal ins Kino und mit Montag sehen wir weiter!“ Ester lies einen Seufzer los, legte die Einladung im Keller auf die Treppe, schlug die Haustür hinter sich zu und lief Seite an Seite mit Marc zur Bushaltestelle, wo sie noch keine zwei Minuten warten mussten bis ein Bus kam. Am nächsten Tag trafen sie sich nicht. Ester telefonierte mit ihrer Freundin Mona, die ebenfalls in dieser Straße wohnte. „Hast du auch so eine dumme Einladung zu Kathrins Einweihungsfeier bekommen?“, fragte Ester. „Ja“, sagte Mona und lies einen nicht gerade erfreuten Ton von sich hören, „ist doch nicht zu fassen, wie die sich mal wieder einschleimt!!!“ „Stimmt! Und hinterm Rücken dann über einen Herziehen!“ „Genau!“ „Weißt du, das Lästern geht mir bei dieser Kuh ja eigentlich noch so ziemlich am Arsch vorbei, aber dass sie jetzt auch noch hier wohn und was sie da abzieht... Ich mein, sie macht als wäre sie die Prinzessin auf der Erbse und jeder müsse ihr gehorchen!!! Und Marc merkts ja noch nicht mal. Ständig sagt er zu mir, er hätte sich zwar auch nicht unbedingt gewünscht, dass Kathrin hierher zieht, ich solle ihr aber trotzdem eine Chance geben, vielleicht sei sie ja ganz in Ordnung!!!“ „Och geh, du arme...“ Man konnte das Bedauern in Monas Stimme wahrhaftig raushören. „Ja, die bin ich wohl...“, gab Ester mit einem tiefen Selbstbedauern in ihrer Stimme zurück. „Gehst du hin?“, fragte Ester dann. „Oh, ich weiß noch nicht. Ich komme mit Kathrin irgendwie nicht klar, und ich weiß nicht, ob ich den ganzen Abend diese affektierte Nettigkeit aushalte... Und du?“ „Hm... ja, ich denke, ich geh hin. Oder denkst du etwa, ich würde Marc allein dort hingehen lassen?“ „Eifersüchtig?“, wollte Mona wissen. „Warum sollte ich?... Also... ok, etwas vielleicht... Muss doch gucken, was die mit meinem Schatzi so anstellt!“ „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass Marc sich auf so etwas einlassen würde, oder?“ „Oh, ich weiß ja nicht so recht... Weißt du was? Komm doch einfach mit. Und wenn du’s nicht mehr aushältst, dann kannst du ja immer noch heim gehen, oder?“ „Ich weiß ja nicht...“, überlegte Mona. Doch Ester gab nicht auf und flehte ihre Freundin an doch mit zu kommen: „Bitte, bitte, bitte, komm doch mit. Für mich... ich versuche auch nicht die ganze Zeit bei Marc zu sein!!!“ Mona lies sich letzten Endes doch noch weich kochen und sagte: „Na gut, aber nur für ne halbe Stunde. Will ja mal sehn wies dort so aussieht. Aber wirklich für keine Sekunde länger, verstanden? Und wenn du dann unbedingt noch bleiben willst, ist das halt dein Problem!!! Dann musst du das eben alleine machen...“ „Danke!“ , sagte Ester schließlich und war erleichtert. Sie hatte nämlich höllische Angst vor diesem Tag. Was wird nur passieren? Wird Marc auf Kathrin hereinfallen? Fragen über Fragen hatten sich im Laufe der Wochen, seit sie wusste, dass Kathrin in ihre Straße ziehen würde, in ihrem Kopf angesammelt. „Ok, dann bis morgen!“ „Bis morgen! Und danke noch mal!“ Der Abend der Party rückte immer näher und Ester bekam ein immer flaueres Gefühl im Magen. Um kurz vor 6 ging sie aus dem Haus. Doch anstatt gleich zu Kathrin zu gehen, machte sie noch kurz einen Abstecher zu Marc. „Tag auch! Was machst du eigentlich hier?“, wollte er wissen, als er Ester die Tür öffnete, „heute ist doch Kathrins Party, schon vergessen?“ „Ja, ich weiß! Ich wollte ja nur sehen, ob du noch da bist und dann mit dir zusammen dort hingehen.“ „Achso... Na dann, gib mir 2 Minuten, ich muss mir noch Schuhe anziehen!“ „Ok, aber mach schnell! Mona ist bestimmt gleich da!“, drängelte Ester. „Is doch egal. Dann lass sie doch da sein. Die schaffts bestimmt auch ohne dich dort rein...“ „Ähm, sie wartet aber bei mir vor der Tür“, sagte Ester in einem bestimmenden und strengen Ton. „Ist ja schon gut! Ich sag doch gar nichts mehr!“, gab Marc genervt zurück und verdrehte die Augen. In diesem Moment hörten sie einen lauten Ruf: „Ester?... Was machst du denn jetzt noch bei dem da oben?“ Es war Mona, die sich auf eine Bank in Esters Vorgarten gesetzt hatte und Ester dann bei Marc auf der Treppe stehen sah. „Moment!“, rief Ester zurück, „wir sind gleich bei dir! Der braucht nur immer ein halbes Jahr, um seine Schuhe anzuziehen!“ „Wir?“, fragte Mona überrascht. Jedoch so leise, dass Ester und Marc es nicht hören konnten. Wenig später standen sie auch schon an Kathrins Haustür und klingelten. „Ähm, Ester, alles in Ordnung?“, fragte Marc noch einmal schnell, als er ihr besorgtes Gesicht sah, „du darfst auch lachen!“ „Hehe, so besser?“, antwortete diese und zog schroff die Mundwinkel nach oben, „du siehst außerdem selbst auch nicht sehr glücklich aus!!!“ Dann ging auch schon die Haustür auf und Kathrin sagte mit einem gekünzelten breiten lächeln: „Hallo ihr drei, schön euch zu sehen!“ Mit einer eleganten Handbewegung winkte sie die drei ins Haus hinein. „Immer schön die Treppe hoch und oben die Tür rein.“ Navigierte sie die drei. „Nee, echt? Hätt ich jetzt ja nicht gedacht!“, alberte Ester rum. Kathrin musste lachen und sagte: „Tja, wer denken kann ist klar im Vorteil, stimmts Marc?“ „Hm, ja, kann sein...“, sagte Marc daraufhin. Und Ester murmelte gleichzeitig vor sich hin: „Und du weißt noch nicht einmal, wie man DENKEN schreibt!!! Dumme Kuh.“ Und zu Mona sagte sie schließlich: „Komm, lass uns nach oben gehen! Mal sehn, was es dort so gibt...“ „Ok...“, meinte diese leise, während sie bedauernd ihre Luft ausatmete, „wird schon schief gehen...“ Oben angekommen kamen sie in einen weißblauen Nebel aus Zigaretten- und Shisharauch, der in der Nase brannte. Und in einer der hinteren Ecken des Zimmers saßen vier oder fünf junge Leute, die Schnapsflasche am Hals hatten und merkwürdige, unverständliche Lieder trällerten. „Mir reicht’s, ich geh!“, sagte Mona entschlossen, machte auf dem Absatz kehrt und stieg die Treppen wieder nach unten. Ester hakte nach: „Bist du dir ganz sicher? Wir sind doch gerade erst gekommen!“ „Du kannst ja gerne mitkommen“, zischte sie zurück, „aber mir ist es hier echt zu blöd... Und wenn du nicht willst, dann musst du eben allein hier bleiben!!!“ Man hörte nur noch wie eine Tür volle Kraft ins Schloss fiel und weg war sie. „Tja, dann muss ich wohl allein hier bleiben...“, flüsterte Ester vor sich hin. Sie ging wieder zurück in die Wohnung und sah sich um. Sieht ja gar nicht mal schlecht aus, was sie hier draus gemacht haben, dachte sie. Ester machte sich auf die Suche nach Marc. Sie hatte nämlich echt keine Lust mit diesen ganzen abgefahrenen Typen allein abzuhängen. Und schließlich sah sie ihn. Er stand ganz allein am Dachfenster, mit einer Flasche Bier in der Hand und starrte hinunter auf die Straße. Scheint wohl seine Lieblingsbeschäftigung zu sein, aus dem Fenster starren, ging Ester durch den Kopf. Sie ging zu ihm hin und fragte: „Na du?“ Marc drehte sich um, sah sie an und sagte ebenfalls: „Na du?“ Sie betrachtete die Flasche und fragte: „Kann ich mal ein Schluck haben?“ Marc schüttelte die Flasche zart, um zu sehen wie viel noch drin ist. „Klar“, sagte er und hielt Ester die Flasche hin, „kannst sie leer trinken, ist eh nicht mehr viel drin.“ Ester stellte sich neben Marc ans Fenster, sah raus, betrachtete die Sterne und meinte: „Wow, sind das heute wieder viele Sterne...“ „Stimmt“, sagte Marc, „ich frage mich nur, wie manche Leute da irgendwas erkennen können! Für mich sehn die alle Gleich aus...“ „Schau mal etwas nach rechts, da ist der große Wagen...“ Ester zeigte mit ihrem Zeigefinger in das Sternbild hinein. „Wo? Ich seh nichts“, entgegnete Marc ihr. „Na da“, sagte Ester, stellte sich hinter Marc, legte den Arm um ihn und versuchte ihm durch das Zeigen einzelner Sterne das Bild klarzumachen, „siehst du? Eins, zwei, drei, vier und dann kommt da eins, zwei, drei die Achse!“ „Hm, stimmt, jetzt, wo du es sagst... Ich glaube ich kann ihn sehen!“ Eine kurze Pause trat ein, dann begann Ester erneut zu reden: „Merkwürdig, ich bin es gar nicht mehr gewohnt, dass es schon so früh dunkel ist...“ Marc meinte daraufhin zu ihr: „Tja, das hat der Winter halt so an sich...“ „Es ist Herbst, mach es nicht noch schlimmer als es eh schon ist! Du weißt, dass ich alle Jahreszeiten hasse, die nichts mit Sommer zu tun haben. Und im Herbst ist es wenigstens noch etwas wärmer, als im Winter!“, protestierte Ester. „Gut, dann ist es eben Herbst.“, gab Marc nach. „Warum stehst du eigentlich ganz allein hier im hintersten Winkel? Du willst mir doch nicht erzählen, dass du hier niemanden kennst oder schiss hast zu denen hin zu gehen...“ „Oh, weißt du? Kennen tu ich hier einige, aber eben nur vom Sehen her. Sind totale Idioten... Hab einfach keinen Bock auf die!“ „Achso...“ Marc überlegte einen Augenblick, dann sagte er: „Sollen wir gehen? Du kannst ja noch mit zu mir kommen...“ Ester war total überrascht und sagte: „Ähm, klar, gerne, aber... bist du krank???“ „Warum denn?“, wollte Marc wissen. „Na, ganz einfach... sonst bin ich immer der, bzw. die jenige, die fragen muss, ob du Zeit hast und so...“ „Tja, ich dacht, ich komm dir heut einfach mal entgegen...“ Ester setzte einen kritischen Blick auf und sagte: „Aaaaaaaaaaaaaja. Thats fine! Und wo ist der Haken an der Sache?“ „Wie wäre es, wenn du dann heute mal den Anfang mit dem ‚Nachhausegehen’ machst!“ „Das kannst du nicht von mir verlangen! Ich mach das doch so ungern...“ „Ich weiß, ich mach das ja auch nicht gerne“, er lächelte sie an, dann sagte er: „Ei, ich geh dann nur noch kurz aufs Klo, ich mach mir nämlich gleich in die Hose. Warte grad hier, ich bin sofort wieder da...“ Ester konnte es sich einfach nicht verkneifen und sagte: „O-ha“ Marc, der gerade losgehen wollte, blieb abrupt stehen und meinte: „Jetzt hör doch endlich mal auf mit deinem dummen ‚O-ha’!“ „Mais, si señor…“, antwortete Ester und konnte sich ein grinsen einfach nicht verkneifen. „Mensch, jetzt hör doch mal auf mit deinen komischen Sprachen und rede Deutsch mit mir, sonnst geh ich allein heim!!!“ Marc konnte es nämlich nicht ausstehen, wenn Ester wieder ihre ’Merkwürdige Gymnasiastensprache, oder Fremdsprachen’ benutzte. „Ist ja gut... jetzt geh doch endlich aufs Klo!“ „Was denkste, was ich grad machen wollte???“ „Hm... keine Ahnung... dich über meine Sprache beschweren?“ Beide grinsten sich neckend an. „Also... ich geh dann mal, warte hier.“, sagte Marc noch einmal zu ihr und verschwand in Richtung Badezimmer. Ester sah noch einmal aus dem Fenster und nippte an der Bierflasche. Wow, ich hätte ja nie gedacht, dass er mich doch noch zu sich rein lässt, geschweige denn, dass diese Idee von ihm kommt. Ich wünschte nur wir wären zusammen... „Halloo, Erde an Ester, ich frag dich jetzt noch einmal: Können wir dann gehen?“ Ester zuckte zusammen, sie war so in ihre Gedanken vertieft, dass sie nicht einmal mitbekam, dass Marc längst wieder neben ihr stand. „W- was? Klar, ich war nur kurz, ähm, am Nachdenken und da hab ich dich ganz überhört.“ „Frag mich nur über was du tolles nachgedacht hast“, zog Marc Ester auf. „Das wüsstest du wohl gern, stimmts? Also, über dich schon mal ganz bestimmt nicht!“ Sie schlenderten zur Tür, an der ihnen Kathrin noch einmal über den Weg lief: „He, ihr zwei, wo wollt ihr denn hin?“ „Wir, ähm gehen dann mal langsam nach Hause.“, sagte Ester schroff. „Warum denn? Es ist doch noch früh! Marc, du hast doch bestimmt noch Lust zu bleiben. Ich könnte dich mal herumführen, dir mein Zimmer zeigen...“, drängelte Kathrin weiter. Doch Marc meinte nur: „Ne, ne du, lass mal. Ich... also wir,“, er machte eine Handbewegung zu Ester, „müssen noch auf meinen kleinen Bruder Jan aufpassen!“ Das mit Jan war natürlich gelogen. „Du hast n kleinen Bruder, seit wann das denn?“ Kathrin bekam große Augen. „Also, Stiefbruder, mein Vater hat doch letztes Jahr neu geheiratet.“, verbesserte Marc sich. Ohne ein weiteres Wort an Kathrin zu verschwenden gingen die Beiden zur Tür raus. „Man bin ich froh, dass ich da raus bin!“, sagte Marc eine Minute später, als sie vor seiner Haustür standen. „Warum denn? DU hast doch gesagt ‚wird schon werden, gib ihr doch eine Chance’!“, stellte Ester überrascht fest. „Na ja, stimmt schon, das war aber bevor sie mich fast bis auch die Toilette verfolgt und betatscht hat!“ „Sie hat was?“ Ester war völlig aufgebracht. Diese kleine Schlampe, dachte Sie, wenn sie noch einen Finger an ihn setzt, dann kann sie was erleben. Dann hakte sie weiter nach: „Und, was genau hat sie gemacht?“ „Oh, ei, sie hat...also erst hat sie mich vollgequatscht, dann hat sie mich an die Hand genommen und ins Bad gezerrt und dann...dann hat sie mir durch die Haare gefahren; ich total genervt; und zum guten Schluss ist sie mir um den Hals gefallen und hat gemeint, wie es denn mit uns beiden wäre.“ „Oh, na ja...also, das mach ich doch auch oft bei dir, also durch die Haare fahren und so...das ist doch dann nicht gleich gegrapscht, oder?“, sagte Ester, doch die Wut in ihren Augen war kaum zu übersehen. „Ja schon, aber dir ist das doch auch was anderes, also, das bist halt du, ne? Und mit dem Grapschen hab ich mich halt falsch ausgedrückt.“ Marc sperrte die Tür auf und forderte Ester auf reinzugehen. Da war er wieder, der feine Geruch von Marcs Haus. Sie konnte diesen Geruch nicht wirklich beschreiben. Es war eine Mischung aus frisch gewaschener Wäsche und etwas, etwas eigenem, das man einfach nicht beschreiben konnte. Ester liebte einfach diesen Flur, nein, eigentlich liebte sie das ganze Haus. Früher war sie fast jeden Tag dort, doch als sich Marcs Eltern scheiden ließen, hörte das auch auf. Marc war nur noch selten in diesem Haus gewesen, da er meistens bei seiner Mutter war und wenn er mal da war, bekamen sich die beiden nie zu Gesicht. Doch im Sommer diesen Jahres hatte sich das alles wieder geändert. Marc zog mit seiner Mutter wieder in den selben Ort, nur ein paar Straßen weiter. Und schließlich, als Ester an einem schönen, sonnigen Tag aus dem Training kam, sahen sie sich wieder. Es war mehr Zufall, als sonst irgendetwas, aber Ester war sehr glücklich darüber. Und jetzt stand sie da, in seinem Flur, wie sie es diesen Sommer schon so oft getan, jedoch nie diese Schwelle übertreten hatte. Doch ehe sie weiter träumen konnte, tippte Marc sie an und sagte: „Du hast doch letztens noch gesagt, du kennst den Weg in mein Zimmer, oder?“ „Ähm, ja, warum?“, wollte Ester wissen. „Ok“, gab Marc zurück, „dann geh doch schon mal vor, ich geh noch kurz runter in den Keller etwas Knabberzeug hohlen.“ „Ok...“, meinte Ester skeptisch und stieg langsam die Treppe nach oben. Je näher sie Marcs Zimmer kam, desto nervöser wurde sie. Wie lange schon hatte sie sich gewünscht endlich in seinem Zimmer stehen zu können. Ganz langsam drückte sie die Klinke nach unten und zog die Tür auf. Mit zittrigen Knien betrat sie den Raum. Er war ganz anders, als sie sich ihn vorgestellt hatte. Er war, viel größer, als in ihrer Fantasie, und alles war überhaupt viel toller. Wenn man die Tür hinein kam, klebten an der Wand gegenüber zwei große Poster. Eines war von „Man in Black“, das andere von „Eminem“. Ester gefiel das Poster von „Man in Black“ am besten, da sie nicht gerade der größte Eminem- Fan war. An der rechten Wand standen ein Kleiderschrank und ein Regal, dass sich nicht, wie von ihrem Fenster aus zu sehen rote Tapete mit weißen Wölkchen war, sonder einfach nur rotweiße, wellige Streifen besaß. Links standen das Bett und der Schreibtisch, mit einem Computer. Ester ließ sich zu aller erste mal auf Marcs Bett fallen und blieb, die Beine immer noch auf dem Boden stehend, darauf liegen. Es war total bequem und roch einfach nur nach Marc. Ester fühlte sich so wohl, wie schon lange nicht mehr. Es war doch auch längst kein Geheimnis mehr, dass sie sich total in Marc verknallt hatte, außer Marc, der, so schien es, wusste von nichts. Nach etwa fünf Minuten stand Marc in der Tür und meinte: „Na, liegst du bequem?“ Ester zuckte leicht zusammen, denn sie hatte ihn (ausnahmsweise) mal gar nicht kommen hören und antwortete: „Ähm, ja, ist echt super...“ Während Marc auf Ester zuging, hielt er ihr etwas, in einem blauen Papier verpackt vor die Nase und sagte: „Hier, wir hatten noch Eiswaffeln in der Gefriertruhe, die isst du doch so gerne...“ Ester richtete sich auf, nahm ihm das Eis entgegen und bedankte sich. Marc setzte sich neben sie und stellte die Chipstüte, die er ebenfalls noch mitgebracht hatte und in den Händen hielt, auf seinem Bett ab. Beide saßen da und genossen schweigend ihr Eis, bis Ester plötzlich zu Lachen anfing. „Was ist denn mit dir los?“, fragte Marc mit einem entsetzten Blick. „Ich...“, begann Ester und lachte immer lauter, „also, ich... ich weiß ja auch nicht, warum...“ Marc sah sie erstaunt an. Ester hatte sich gerade erholt, als Marc so eine Fratze zog, dass Ester erneut laut losprustete und dabei Marc, ihre Eiswaffel ins Gesicht klatschte. „Oh, ähm, sorry, tut mir leid“, versuchte Ester sich zu entschuldigen. Doch dies klang sehr unglaubwürdig, weil sie immer noch so lachen musste, dass er es nicht länger aushielt und ihr ebenfalls sein Eis ins Gesicht klatschte. Jetzt begann auch er zu lachen. Dann trat schweigen ein. Die Beiden schauten sich gegenseitig an und nach nur wenigen Sekunden mussten beide erneut los lachen. „Du siehst echt zum Schreien raus!“, sagte Marc, als er es endlich geschafft hatte mit dem Lachen aufzuhören. „Aber du!“, erwiderte Ester. Dann sagten beide, wie aus einem Mund: „Das gute Eis!!!“ Sie wollten nebenan ins Bad gehen, um sich zu waschen, doch es war besetzt und so mussten sie ins Untere gehen. Jedoch, als sie am Fuß der Treppen ankamen, kam ihnen Marcs älterer Stiefbruder Nick entgegen und sagte: „Na Marc, ist deine Freundin mal wieder da?“ „Sehr witzig“, antwortete Marc schroff. Jetzt, endlich fiel Nick auf, dass Ester und Marc im ganzen Gesicht verschmiert waren. „Was habt ihr denn gemacht? Ist das etwa Eis?“, sagte er und begann zu schmunzeln. „Also, eigentlich müsstet ihr es euch ja gegenseitig wegküssen!!!“ Zu allem Überfluss hatte er natürlich noch sein Handy in der Hand und lies es sich nicht nehmen, die beiden zu fotografieren. „So, das Foto wird jetzt auf PC gezogen und wenn ihr mal heiraten geht, druck ich’s euch aus, als Erinnerungsfoto.“, sagte Nick grinsend und verschwand in seinem Zimmer, das sich gegenüber dem Bad befand. „Oh leck, Nick!“, rief Marc ihm noch hinterher, „du immer mit deinen scheiß Fotos!“ „Ähm, Marc? Können wir dann langsam mal ins Bad gehen? Ich verlaufe!“, drängelte Ester. Marc öffnete die Badtür und antwortete während sie hineingingen: „Was? Du verläufst?“ „Ja... Das Eis in meinem Gesicht, du Depp!“, sagte sie. „Oh, bist du so heiß?“, versuchte Marc sie aufzuziehen. „Na klar, immer doch!“ „Ja, ne“, meinte Marc, „is klar! In meiner Nähe werden die Frauen immer heiß...“ „Tja, du machst mich halt voll an!“, blödelte Ester herum. „Ich weiß“, sagte Marc und zog schnell hintereinander die Augenbrauen hoch. Dann machte er das Wasser an. Während sie sich ihr Gesicht wuschen, begann Marc heimtückisch zu grinsen und aus der eigentlich geplanten Waschzeremonie wurde eine wilde Wasserschlacht. „Ach du meine Güte, sieh dir das mal an!“, sagte Ester nach einigen Minuten und sah sich um. Das ganze Badezimmer war klatschnass. Von den Wänden lief das Wasser herunter, die Badematten waren so nass, man hätte sie können ausdrehen können und ansonsten waren überall riesengroße Pfützen im Bad. „Oh Fick!“, sagte Marc daraufhin. „Und jetzt, hast du mal n Lappen?“, fragte Ester. „Ähm, ja da hinten im Schrank!“ Er deutete mit seinem Finger in die richtige Richtung. Ester ging hin, nahm ein großes Handtuch (Lappen waren leider nicht da; MÄNNER) und begann den Boden zu wischen. „Mensch Marc, mach doch auch mal was! Ist ja schließlich euer Bad!“, nörgelte Ester an ihm rum, da er nur reglos dastand und Esters Arbeit verfolgte. „Lass stehen, ich mach das später! Mein Vater ist mit Anne noch bis morgen weg!“, bestimmte Marc und winkte Ester aus dem Bad heraus. „Oh, ich weiß ja nicht... und wenn Nick rein will? Oder Steven, der ist doch da, oder?“, zweifelte Ester. „Dann lass sie doch reingehen...“ „Das – gibt – Stress!“, sagte Ester dann, „aber ok, wie du willst, sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt! Und das schlimmste ist, dass ich da auch noch dabei war, was so viel heißt, wie wir kriegen beide Ärger!“ „Von wem denn? Nick? Von dem lass ich mir sowieso nichts Vorschreiben... Und Steven, der wird wahrscheinlich nicht mal merken, was hier los ist, weil er bestimmt wieder mit irgendwelchen Sachen beschäftigt ist!“ In diesem Moment ging weiter hinten eine Tür auf und Steven trat hervor. „Oh Kinder, könnt ihr eure Eheprobleme nicht woanders lösen? Ich versuche gerade Mathe zu lernen!!!“, sagte Steven mit strenger Stimme. Ester und Marc sahen ihn fragend an: „EHEPROBLEME?“ Nachdem sie endlich das Badezimmer wieder auf Vordermann gebracht hatten (Ester hatte nämlich die Diskussion gewonnen), schlenderten sie wieder hinauf in Marcs Zimmer und machten sich es mit etwas Musik und der Chipstüte, die Marc zuvor ja mit raufgenommen hatte, gemütlich. „Ähm, Ester?“, schmatzte Marc so vor sich hin (Beide lagen, die Füße von der Matratze baumelnd nebeneinander auf Marcs Bett), „also, deine Oma hat mir da so was erzählt...“ Ester fuhr ein kalter Schauer über den Rücken. Ihre Oma, mit Marc geredet? Was konnte da schon bei rausgekommen sein? Ester war sich ganz sicher: nichts gutes! Hatte sie ihm etwa erzählt, dass sie, Ester, total in Marc verknallt war? Nein, unmöglich, dachte Ester dann, das hab ich ihr doch überhaupt nicht erzählt, ich bin ja schließlich nicht lebensmüde! „Was denn?“, fragte sie schließlich mit zittriger Stimme. „Das du letztens zu ihr gesagt hättest, ich wäre (jetzt kommt’s, dachte Ester, mein Ende naht !) in letzter Zeit so komisch zu dir!“ „Ähm... ja, also...“, Ester räusperte sich, „also... es geht schon wieder! Ehrlich!“ „Ich weiß ja nicht“, meinte Marc, immer noch Chips am kauen, „also, mal im Ernst, was hab ich denn gemacht?“ Ester atmete erste einmal tief ein, dann sage sie: „Na ja... zum Beispiel, in letzter Zeit, da warst du immer so abwesend zu mir! Also, ich mein, du hast mich kaum beachtet... Ich konnte neben dir stehen, dir was sagen, du hast einfach nicht reagiert! Also, du warst nur noch mit den Kleinen beschäftigt... und du bist mir ständig aus dem Weg gegangen!“ „Aber du. Du bist ja wohl auch immer weg gegangen, wenn ich kam!“ „Aber doch nur, weil DU nicht mehr mit mir geredet hast!“ „Ja, aber doch nur, weil ich gedacht habe, du magst mich nicht mehr!“ Marc zog einen Schmollmund. Dann sagte Ester: „Ich dachte du magst mich nicht mehr...“ Schweigen. Sie sahen sich und als ob sie die Gedanken des Anderen lesen könnten sagten beide: „Scheiß drauf!“ Und widmeten sich wieder ihrer Tüte Chips. Nach etwa einer viertel Stunde bemerkte Marc, dass es merkwürdig leise war. Er drehte sich zu Ester um. „Ester? ... Hallo, Ester?“, sagte er leise. Doch er bekam keine Antwort. Ester hatte die Augen fest geschlossen und ein lächeln auf den Lippen. Ihre eine Hand lang auf ihrem Bauch, die Andere neben ihrem Kopf. Sie atmete ruhig und gleichmäßig. „Ester?“, sagte Marc noch einmal. Dann musste er feststellen, dass Ester schlief. Sie schlief in seinem Zimmer, auf seinem Bett und er saß direkt neben ihr. Was sollte er nur tun? Sie schlafen lassen? Doch wann würde sie wieder aufwachen? Oder sollte er sie vielleicht doch wachmachen? Während Marc überlegte, betrachtete er ihren schlafenden Körper. Eigentlich, ist sie doch ganz süß. Er konnte nicht anders, er strich ihr durchs Haar, streichelte ihr Gesicht und während er das so tat, kam ihm der Gedanke sie schlafen zu lassen. Am nächsten Morgen wurde Ester durch das grelle Sonnenlicht geweckt. Langsam schlug sie die Augen auf. „Häh, was geht ab?“, murmelte Ester verschlafen vor sich hin. Sie rieb sich die Augen und sah sich um. „Das ist jetzt aber nicht mein Zimmer!“, murmelte sie weiter. Dann stellte sie fest, dass sie mit ihrem Kopf auf etwas ungewöhnlichem drauflag. Es war hart, aber auch zugleich weich. Sie drehte den Kopf zur Seite und bemerkte, dass sie in Marcs Armen lag. Huch, was mach ich eigentlich hier bei Marc, fragte sie sich. Ach ja, richtig, ich war ja gestern bei ihm. „Ähm“, begann sie, „Marc?... Marc... aufwachen!“ Sie hatte sich aufrecht hingesetzt und fing schließlich an, an Marc zu rütteln. Marc hatte einen sehr gesunden Schlaf. Und als Ester es endlich geschafft hatte, ihn zu wecken, hörte sie ihn laut brummen: „Hm, was’n los?“ Plötzlich riss er die Augen auf, sah völlig geschockt auf Ester und fragte: „Wa- was machst du denn da?“ „Ich?... Ich weiß ja auch nicht so genau, bin wohl gestern Abend eingeschlafen! Hättest mich ja ruhig mal wach machen können!!!“ „Wann hätte ich das denn tun sollen? Ich hab vielleicht selbst geschlafen...“, log Marc sie an und gähnte. Ester stand auf, streckte sich und sagte: „Hm... ist ja auch egal... ich geh dann mal nach Hause!“ „Warte mal noch nen Moment, bis ich fähig bin aufzustehen, dann bring ich dich noch runter zur Tür!“ „Och, wie göh!“, sagte Ester daraufhin, „bist du etwa noch so müde, dass du nicht aufstehen kannst? Du Armer...“ Sie lächelte ihn an. „Ja! Stell dir vor!“, antwortete er, legte genüsslich die Hände auf seinen Bauch und schloss seine Augen. Ester sah ihn schief an, dann sagte sie: „Tja, dein Problem... wenn du unbedingt schlafen willst... dann haste mich halt noch länger am Hals...“ „Mh... dann hab ich das halt...“, murmelte er. Doch dann, ganz plötzlich, kam ihm ein Gedankenblitz, so schien es. Er machte seine Augen schnell wieder auf, setzte sich aufrecht hin und meinte schließlich: „Oh, Moment mal... oh mein Gott, dann hab ich dich ja echt länger am Hals... ähm... halt! Du kannst doch auch alleine runter gehen, oder?“ „Eigentlich ja schon...“, begann Ester. „Aber?“, formulierte Marc den Satz weiter. „... aber du hast gesagt, ich soll auf dich warten, du würdest mich runter bringen!“ „Hab ich das echt gesagt?“, hakte er nach. „Jaaaaa!“ „MIST! Na dann... gib mir noch drei Minuten, oder hast du’s eilig?“ „Nein, eigentlich nicht...“ Nach etwa zehn Minuten geschah dann das Wunder: Marc, hatte es (nach einem langen inneren Kampf) endlich geschafft aufzustehen. Zwar stand er ziemlich krumm da, die Haare zerzaust (soweit dies bei dieser Haarlänge möglich ist), die Hose auf halb acht und sein Gesicht verknittert. „Ok, ich wäre dann soweit...“, sagte Marc schließlich und gähnte erneut. Dann führte er sie die Treppen runter zur Tür. „Ei, tschüss, dann...“, sagte Ester, als sie schon auf dem Sims der Außentreppe stand. „Tschau!“, gab Marc zurück. Zu Hause wurde Ester auch schon sehnsüchtig erwartet. „Wo kommst du denn jetzt her? Kannst du dir nicht vorstellen, dass ich mir Sorgen mache?“, kam ihr, ihr Vater zornig entgegen. „Ja, aber...“, versuchte Ester sich zu rechtfertigen. „Nichts aber! Wozu hast du ein Handy, wenn du es nie bei dir hast? Ich glaub es geht dir noch ganz gut, nachts einfach weg bleiben und nicht Bescheid sagen. Ich dachte, du gehst nur rüber auf die Halloweenparty!!!“ „Dort war ich doch auch!“ „Ich hab dort angerufen und da warst du nicht mehr da! Du willst mir doch nicht etwa erzählen, die hätten dich dort übersehen!“ Esters Vater war schon rot vor Zorn. „Ja, aber...“ „Also, wo warst du?“ „Oh, ich war... ich war drüben bei Marc.“ Esters Vater machte plötzlich große Augen: „Bei Marc?“ „Ja! Na und? Was dagegen? Die Party war öde und da sind wir rüber zu ihm gegangen! Ist das jetzt verboten, oder was?“ Man konnte deutlich sehen, wie es im Gehirn von Esters Vater ratterte. Ester die ganze Nacht bei Marc? Oh Gott! Die werden doch nicht... Als er sich schließlich wieder gefangen hatte, fragte er: „Was machst denn du die ganze Nacht bei Marc?“ „Reden?“ „Reden? Ach, so nennt man das also neuerdings...“ „Ja, reden... wie denn sonst? Ich bin nicht mit Marc zusammen, klar? Und wir werden auch nie zusammen kommen, kapiert?“ „Und weil ihr nicht zusammen seid, bist du die ganze Nacht bei ihm, erzähl mir doch keine Märchen!“ „Ich erzähl keine Märchen! Und selbst wenn, das ist ein freies Land und ich kann machen was und mit wem ich will!!!“ „Solange du deine Füße unter meinem Tisch hast, kannst du nicht tun, was du willst!“ „Schade, ich sehe hier keinen Tisch!!!“ „Werd’ bloß nicht zu frech Fräulein, sonst...“ „Sonst was?“ Ester drehte sich um und ging. „Ja, geh du nur in dein Zimmer und lass dich heute hier oben nicht mehr blicken!“ Mit aller Kraft schlug Ester die Tür hinter sich zu und rannte die Treppen nach unten. Sie hörte ihren Vater noch irgendetwas schreien, das wahrscheinlich etwas mit dem Türknallen zu tun hatte. Doch anstatt im ersten Stockwerk in ihr Zimmer abzubiegen, rannte sie die Treppe noch weiter nach unten und ging schließlich aus dem Haus. Ester war stinksauer. Dann machte sich ihr Vater halt Sorgen um sie, na und? Konnte er das nicht auch in einem normalen Ton sagen? Musste er gleich mit der Tür ins Haus fallen und sie so anbrüllen? Und ob sie (etwas) mit Marc hatte oder nicht, geht ihn doch gar nichts an! Ehe sie sich wieder fand stand sie auch schon vor Monas Haus. „Ja?“, erklang eine Stimme aus dem Lautsprecher, nachdem Ester geklingelt hatte. „Ähm, hallo, hier ist Ester... Ist Mona zu Hause?“ „Klar, komm rein!“ Schnurstracks ging Ester die Treppen hoch zu Monas Zimmer. Sie klopfte. Als eine Stimme ertönte trat sie ein, warf sich aufs Bett und begann rumzuschreien: „Hy Mona... Also, weißte, mein Vater regt mich grad so derb auf! Komm ich nachhause und er schreit mich gleich an, dieser Idiot. Das ganze Theater nur, weil ich bei Marc geschlafen hab! Also, man kann sich auch echt dranstellen...“ Mona sah Ester mit großen Augen an. Dann rief sie in einem überraschten und gleichzeitig geschockten Ton: „Du hast was???“ „Welches was meinst du jetzt?“, fragte Ester. „Du hast bei Marc geschlafen?“ Noch immer sah Mona sie geschockt an. „Ähm... ja“ Mona wollte gerade den Mund auf machen, da fiel Ester ihr ins Wort: „Also... nein, äh... ja, aber nicht so wie du denkst ehrlich!!! Wir haben doch nur zusammen auf’m Bett gelegen...“ „Auch noch auf dem gleichen Bett?“ „Ja, man! Aber doch nur nebeneinander, da war nichts!!! Schwöre! Also, ich wollte ja eigentlich gar nicht da schlafen, aber...“ „Marc hat dich gezwungen, dieses Arschloch! Ich wusste doch, dass der Kerl nicht so nett ist, wie du immer sagst!“ „Doch, doch, das schon... Er hat mich doch gar nicht gezwungen, ehrlich! Ich war einfach nur müde und bin eingeschlafen und er hat mich halt nicht wachgemacht!“ Mona sah Ester ungläubig an. Dann fragte Mona: „Seid ihr jetzt eigentlich zusammen?“ „Ähm, gute Frage... nächste Frage?... Nein, so weit ich weiß nicht!“ „Was heißt, so weit du weißt?“ „Oh, halt, dass wir nicht zusammen sind,“, sagte Ester und nuschelte den Satz zu ende, „leider...“ Ehe Mona etwas sagen konnte, sprach Ester weiter: „Weißt du, der ist einfach zu blöd für die Welt! Ich mein, der kapiert echt gar nichts. Jeder andere normale Mensch würde mehr verstehen!!! Ich mein, sogar Ben, unser Verpeiltheitskönig strahlt mehr!“ „Tja, aber vielleicht weiß er’s ja schon und ist nur zu feige zuzugeben, dass er dich auch liebt!“ „Das sagst du immer! Außerdem glaub ich da nicht dran.“ „Warum? Kann doch sein, oder nicht?“ „Kann sein, ist aber nicht so! Ich hatte seid vier Jahren kein Glück mehr, warum also dann jetzt?“ „Das ist halt so! Ist dir noch nie aufgefallen, wie der dich immer anguckt?“ „Super, jetzt hat er mich einmal angeguckt, und das ist schon Monate her...“ „Oh Ester, dir ist echt nicht mehr zu helfen!“ „Ich weiß... Oh, was soll ich denn tun?“ „Geh hin und rede mit ihm!“ „Aber ganz bestimmt nicht!... Komm, lass uns über etwas anderes reden.“ „Ok, dann schlag mal was vor.“, sagte Mona. „Also... hm... ICH WILL WIEDER FERIEEEEEEEEEEEEEEEN!“, rief Ester. „Ok“, meinte Mona zaghaft, „das passt jetzt auch voll zum Thema...“ „Wir hatten doch gar kein Thema mehr!“ „Ist ja auch egal...“, gab Mona schließlich zurück. Langsam, aber sicher gingen jetzt auch die letzten warmen Tage zu ende. Ester traf sich nur noch selten mit Marc, ja, eigentlich sogar fast überhaupt nicht mehr. Und wenn sie sich trafen, war immer so komisch zu ihr. Er sagte kaum noch was und kam schnell auf hundertachsig. Es schien, als sei der ganze Zauber, der auf ihnen lag verflogen. Jedoch konnte Ester damit nur schwer umgehen. Marc fehlte ihr, auch wenn sie das nur ungern zugab. Warum meldet der sich nicht einfach mal bei mir? Ist das denn so schwer? Ich hatte immer das Gefühl, er mag mich, aber wenn ich ihm so viel wert währe, würde er doch mal rüber kommen, oder wenigstens mal anrufen und fragen wies mir denn so geht! Allmählich wurden die Tage kürzer und die Nächte länger. Der Winter war angebrochen und Weihnachten stand vor der Tür. Ester hoffte so sehr auf einen Gruß von Marc, doch nichts. Den ganzen lieben langen Tag nichts. Kein Anruf, keine SMS (was wohl eher damit zusammenhing, dass Marc kein Handy besaß), keine Karte, kein Brief... Auch die Tage danach, hörte Ester kein einziges Lebenszeichen von Marc. Obwohl, und das wusste Ester ganz sicher, musste er doch an einem Feiertag bei seinem Vater sein. Davon abgesehen, hatte doch sein kleiner Stiefbruder an einem dieser Tage Geburtstag. Trotz der guten familiären Festtagsstimmung bekam sie ihren Marc nicht aus dem Kopf. „Das ist doch echt zum Verrücktwerden!“, brüllte Ester dann ganz plötzlich durch das ganze Haus. „Was denn?“, fragten alle, „gefallen dir etwa deine Geschenke nicht?“ „Doch, doch!“, sagte Ester verlegen. Dass die Familie noch um sie herumsaß, hatte sie völlig vergessen. „Was hast du denn dann?“, wurde sie schließlich von ihrer Oma gefragt. Ester nahm tief Luft, lies einen leisen Seufzer hören und sagte: „Ach, nichts... Ist alles in Ordnung...“ „Ehrlich!“, sagte sie noch schnell hinterher, da alle Anderen sie immer noch unglaubwürdig ansahen. Eine Chance habe ich ja noch, um rauszufinden was in ihm vor geht. Es gibt ja immer noch Silvester und da er ja dann da ist, hat er gar keine Chance mir aus dem Weg zu gehen. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass er auf das Böllern keine Lust hat. Und ehe sie sich versah war es auch schon so weit. Der 31. Dezember. Heut Abend, oder besser gesagt heut Nacht würde sie ihren Schatz endlich wieder sehen. Doch, wie es der liebe Gott so wollte, musste ein Tag ja 24 Stunden haben und davon musste sie jetzt noch etwa 11 Stunden absitzen. Ester versuchte sich die Zeit mit Fernsehen und Computerspielen zu vertreiben. Aber nachdem ihr die Augen weh taten, hatte sie darauf auch keine Lust mehr. Also beschloss sie nach oben zu gehen und ihrem Vater bei den Vorbereitungen für den Abend zu helfen. Egal was sie auch machte, der Tag wollte und wollte einfach nicht vergehen. Ester kam es allmählich vor, als wäre die Zeit stehen geblieben. Langeweile überkam sie. Doch dann, es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, stellte sie fest, dass es schon halb zwölf war. Das merkten anscheinend auch Freunde und Familie, denn plötzlich wurden alle ziemlich nervös und begannen dauernd hin und her zu laufen. Esters Vater sortierte schon mal die Raketen und brachte sie in den Keller, Maraike, eine gute Freundin der Familie nahm nacheinander die Sektgläser aus der Vitrine, die durch das lange Rumstehen schon ganz verstaubt waren (immerhin sind sie ja auch ein Jahr nicht benutzt worden) und spülte sie in der Küche schnell mit Wasser aus, während Esters Schwester mit Selina und Lena (die Kinder von Maraike und ihrem Mann Erik) munter die Popcorn – Silvesterparty auf Super RTL verfolgten. Nachdem alle Gläser gefüllt waren und auch der letzte endlich seine Jacke angezogen hatte, gingen alle im Gänsemarsch nach unten; jeder sein Glas natürlich in der Hand haltend. Als sie unten angekommen waren, trafen sie auch schon auf die halbe Nachbarschaft, die ganz genau die Uhr im Auge behielt. Zu Esters Erleichterung waren Kathrin und ihre Familie nicht da. Ester lies kurz einen Blick zu Marc huschen, dieser fühlte sich ertappt und sah schnell zu Boden. Warum, um alles in der Welt kann der nicht mal rüber kommen? Was ist denn nur los mit ihm? Und während Ester diese Gedanken durch den Kopf gingen, hörte sie, wie alle anfingen den Countdown zu zählen. „ 10, 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1, frohes neues Jahr!!!“ Zisch, ging auch schon die erste Rakete hoch. Das klirren der Gläser begann mit dem Anstoßen und alle reichten sich fröhlich die Hand. Noch während Ester an ihrem Sekt nippte, merkte sie, wie ihre Füße sie zu Marc führten. Mitten auf der Straße blieb sie jedoch stehen. Dann kam Marc ihr entgegen. „Ähm...“, begann Marc, „Prosit Neujahr!“ und reichte ihr die Hand. Ester wusste nicht, ob sie ihn umarmen sollte, wie sie es sich vorgenommen hatte, oder ob sie ihm ebenfalls nur die Hand geben sollte. Sie entschied sich schließlich für letzteres. „Frohes Neues Jahr!“, sagte sie schließlich zu ihm und lächelte. Beide sahen sich tief in die Augen, ihre Gesichter kamen sich immer näher, doch als es fast soweit war machte Ester einen Satz zurück. „Warum, hast du dich nicht mehr gemeldet?“, wollte sie von ihm wissen. „Ich... also, oh, ich weiß ja auch nicht!“, meinte Marc und sah zu Boden. Ester spürte, wie sich Wut in ihrem Bauch ansammelte. „Bitte, dann sag mir doch einfach mal was Sache ist!“ Marc nahm tief Luft und sagte: „Nein!“ „Warum nicht? Ist das denn so schwer? Häh? Ich verlange doch nichts weiter von dir, als einmal Klartext zu reden!!! Mehr will ich doch gar nicht! Egal was es ist, ich werde dich schon nicht umbringen!“, rief Ester aufgebracht. „T- tut mir leid, ich kann nicht!“, stammelte Marc. Allmählich hatte Ester die Nase voll. Sie spürte, dass sie Tränen in den Augen hatte, also drehte sie sich um und ging. „ESTER!“, rief Marc plötzlich, „Ester, warte... bitte!“ „Was ist?“, schnauzte Ester ihn an, „weißt du, es regt mich langsam aber sicher echt auf! Im Sommer warst du supernett zu mir, und in letzter Zeit meldest du dich nicht einmal mehr! Du bist einfach nur komisch geworden! Ich komme mir ziemlich verarscht vor! Aus dir wird man einfach nicht schlau! Was hast du für ein Problem?“ Marc nahm Esters Hand, sah ihr tief in die Augen und sagte: „Ester... Ich, ich liebe dich!!!“ „Wa- was?“ Ester bekam den Mund nicht zu. Sie hatte jetzt alles erwartet, nur das nicht. Ehe sie klar denken konnte, lag sie in Marcs Armen. Und als wüssten beide ganz genau was jetzt kommen würde, küssten sie sich innig und vergaßen rings herum ihre Umwelt. „Tut mir leid, dass ich so feige war!“, flüsterte Marc ihr ins Ohr. „Pssst, rede nicht mehr darüber!“, gab Ester zurück Und so eng umschlungen blieben sie schließlich noch eine ganze Weile stehen, während die Anderen fröhlich den Jahreswechsel feierten.